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Zitiervorschlag

Methodische Möglichkeiten des dialogischen Philosophierens zur Anregung des kreativen Denkens bei Kindern von 4-6 Jahren in einer Kindertagesstätte

Max Meißner

 

Vorwort

Im Rahmen meiner Teilzeitausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher, besuche ich die Korczak-Schule Fürstenwalde und arbeite in der AWO-Kindertagesstätte „Kinderrabatz“ in Briesen. Innerhalb dieser Ausbildung schreibe ich meine Facharbeit als Prüfungsersatzleistung zum Thema „Methodische Möglichkeiten des dialogischen Philosophierens zur Anregung des kreativen Denkens bei Kindern von 4-6 Jahren in einer Kindertagesstätte“. Während meiner Ausbildung bekam ich einen Einblick in die unterschiedlichen Altersbereiche: Krippe, Kita und Vorschule. In meinem letzten Ausbildungsjahr arbeite ich nun mit Kindern zwischen 4 bis 6 Jahren.

Neben meiner persönlichen Affinität zur Philosophie und der Auseinandersetzung mit Philosophen aus der Vergangenheit und der heutigen Zeit, wurde ich durch Diskussions- und Informationsgruppen in meiner Praxiseinrichtung auf das Philosophieren mit Kindern aufmerksam. Auch schulische Themenschwerpunkte verdeutlichten mir die Wichtigkeit rund um das Philosophieren mit Kindern. Nach Weiterbildungen zum Thema „Forscherdialoge“, Auseinandersetzungen mit methodischen Anwendungen wie zum Beispiel den „Hosentaschendialogen“ und eigenen Recherchen, reflektierte ich mein eigenes pädagogisches Handeln in Bezug auf das Philosophieren. Ich hinterfragte meine Rolle als pädagogische Fachkraft im Dialog mit Kindern und so wurde mir bewusst, welchen außergewöhnlichen Wert, spekulatives Denken und kreative Denkprozesse mit sich bringen. Ebenfalls erkannte ich, dass es in meiner Einrichtung noch ein großes Potenzial an der Nutzung, methodischer Anwendungen gibt. Überhaupt ein solches Bewusstsein über das Philosophieren, bei den pädagogischen Fachkräften entwickeln zu lassen, war der Grund für die Wahl meines Themas.  Doch warum diese Wichtigkeit?

Was bedeutet philosophieren mit Kindern und warum bringt es einen so großen Mehrwert in unsere Arbeit? Die Antwort liegt in der Vision unseres pädagogischen Handelns. Die Kinder sollen in Zukunft eigenständige, selbstbestimmte Gestalter unserer und Ihrer Gesellschaft sein. Sie sollen sich in dieser hineinfinden- und ein für sich, erfülltes und wertschätzendes Leben führen können. Denn in unserer schnelllebigen Zeit voller Probleme und Krisen, braucht es kreative Köpfe, die diese Probleme als Herausforderung und Aufgaben sehen, die es zu bewältigen gilt. Es braucht das Nach-, Um- und Weiterdenken, um Antworten auf die Fragen zu haben, die sich erst noch stellen werden. Philosophieren ist dabei eine wichtige Methodik, um die intrinsische Entdeckerfreude und die Wissbegierde der Kinder aufrecht zu erhalten und weiterzuentwickeln.

In dieser Facharbeit lege ich ein Handlungskonzept dar, welches mir und meinen Kolleg*innen dabei helfen soll, das Philosophieren als weiteren festen Anker in unserem pädagogischen Handeln zu etablieren. Daher ist es mein Ziel, neben den bestehenden Möglichkeiten, weitere Methoden und Materialien zu entwickeln, um das kreative Denken mit Hilfe des dialogischen Philosophierens anzuregen.

Ebenfalls werde ich der Frage nachgehen, ob es andere oder verbesserte Methoden neben der, der „Forscherdialoge“ gibt, um mit Kindern zu philosophieren und ihre kreativen Denkprozesse weiterzuentwickeln.

Dafür stelle ich die aktuelle Situation in meiner Einrichtung dar. Ich werde näher auf den Träger, die Lage und die Struktur- und Rahmenbedingen meiner Einrichtung eingehen. Weiterführend beschreibe ich die pädagogische Arbeitsweise meiner Einrichtung. Nachfolgend beschreibe ich die Klienten im Allgemeinen sowie die Kinder in meinem Bereich. Ableitend aus meiner Situationsanalyse folgt daraufhin meine pädagogische Herausforderung. Um das Thema „Philosophieren mit Kindern“ näher zu beschreiben, folgt meine Sachanalyse mit der Ausführlichkeit zweier theoretischer Bezüge. So werde ich näher auf das dialogische Philosophieren und die Kreativität sowie das kreative Denken eingehen. Daraufhin folgt mein Handlungskonzept mit Zielsetzung und drei Handlungsstrategien. Dabei werde ich eine dieser Handlungsstrategien näher beschreiben. Anschließend folgen meine eigene Reflexion sowie die Chancen und Risiken meines Handlungskonzeptes.

1. Situationsanalyse

1.1 Der Träger

Der AWO (Arbeiterwohlfahrt) Kreisverband Fürstenwalde e.V. ist der Träger der Kita Kinderrabatz in Briesen/Mark. Er ist als Verband unabhängig, überparteilich und konfessionslos. Die Einrichtung lebt und arbeitet im Sinne der Grundwerte Demokratie, Freiheit, Gleichheit und Solidarität, welche der anerkannte freie Träger vertritt. Neben dem Betreuungsangebot in elf Kindertagesstätten, ist die AWO u.a. in Tätigkeitsbereichen wie der Altenpflege, Behindertenhilfe und Suchtberatung tätig.

1.2 Lage

Die 2001/02 neugebaute Einrichtung liegt in einem Wald- und Seengebiet am Rande der Gemeinde Briesen/Mark. Sie ist umgeben von Einfamilienhäusern und einem Fußballplatz des Ortsvereins. Durch eine direkte Autobahn- und Zuganbindung des Ortes, ist auch die Kita für Anwohner benachbarter Gemeinden und Städte gut zu erreichen.

1.3 Gebäude & Außenbereich

Das Hauptgebäude der Kita ist rund gebaut. Durch die großen Fenster in den Räumen ist es sehr hell und die Räume selbst bieten durch ihre Größe viel Platz für Bewegung und Spiel. Abgetrennt sind die Räume nicht voneinander, da sie durch ihre Falttüren ständig umfunktioniert und immer wieder anders erlebt werden können. Ein 18eckiger Sport- und Bewegungsraum stellt den Mittelpunkt des Gebäudes da. Der Außenbereich bietet mit seinem kleinen Garten, dem Spielplatz mit seinen Spielgeräten, dem Wasser- und Matschbereich, der Bewegungsbaustelle und den vielen Bäumen und Sträuchern viele Möglichkeiten für Spiel, Bewegung, Kreativität und dem eigenen bestimmten Tun. Herzstück des Freigeländes, ist ein großer Rodel- und Rollerberg.

1.4 Die Strukturen der Einrichtung

Das Hauptgebäude ist in drei Bereiche aufgeteilt, welche sich in Farbe und Form unterscheiden um sich als Kind, Erzieherin/Erzieher, Eltern und Gäste orientieren zu können.

Gelber Bereich (Kreis) Krippe                  Kinder im Alter von 0-2 Jahren

Blauer Bereich (Dreieck)                           Kinder im Alter von 2-4 Jahren

Roter Bereich (Viereck)                             Kinder im Alter von 4-6 Jahren

Aus jedem Gruppenbereich kann man das Freigelände begehen. Die mit Rollen versehenden Möbelstücke in den Räumen stehen frei und können von den Kindern nach eigenen Interessen und Bedürfnissen umgeräumt werden. Des Weiteren gibt es durch Kletter-, Sprung- und Bewegungsmöbel verschiedene Möglichkeiten zum Bewegen. Wie im Konzept der AWO Kita Kinderrabatz zusammengefasst: „Durch verschiedene Raumformen, vielfältige Materialien und variable Möbel werden Neugier, Entdeckerlust und Experimentierfreude angeregt und ermöglicht.“ (Konzept der AWO Kita Kinderrabatz, Briesen/M. 2014)

Die Einrichtung selbst ist in drei Gebäude eingeteilt. Neben dem Haupthaus befindet sich ein 2014 entstandenes Hort-Haus. Anfang 2019 wurde ein weiteres Hort-Haus eröffnet, um mehr Kapazitäten für Kinder umliegender Gemeinden und mehr Platz für die Entfaltung der Kinder zu haben.

1.5 Die pädagogische Arbeitsweise

Für und mit den Klienten arbeiten über 20 staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher, von denen einige weiterführende Qualifikationen haben. (u.a. Spracherzieher, Heilpädagogin.) Dazu kommt eine Leiterin mit Leitungsqualifikation und eine Koordinatorin eines Eltern- Kind- Zentrums, welches ebenfalls zur Einrichtung gehört.

In den drei Bereichen des Haupthauses wird altersgemischt und gruppenoffen gearbeitet. Hierbei werden die Kinder stets in alle Projekte und Angebote einbezogen, welche sich nach ihren Interessen und Themen orientieren. Diese Arbeit ist grundlegend vom Infans-Handlungskonzept geprägt. Gerade das gruppenoffene Arbeiten soll weiter ausgebaut werden, damit noch mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden kann. Der pädagogische Leitsatz der Einrichtung lautet: “Zeige mir und ich erinnere, lass es mich tun und ich verstehe!“. (Konzept der AWO Kita Kinderrabatz, Briesen/M. 2014)

1.6 Beschreibung der Klient*innen

Wie bereits erwähnt, arbeite ich innerhalb des dritten Lehrjahres im „roten Bereich“. Ableitend, aus dem pädagogischen Konzept in Form von Teiloffener Arbeit und dem Situationsansatz, beziehe ich mich auf alle Kinder im „roten Bereich“. Auf Grundlage unserer pädagogischen Rolle und dem Bild vom Kind, dass unsere Einrichtung hat, ist und wird mein Handlungskonzept offen für die Kinder gestaltet. Ich beschreibe bzw. fokussiere mich in meiner Arbeit nicht auf einzelne Kinder. Somit ist bei der Analyse meiner Zielgruppe zu erwähnen, dass es sich um Kinder zwischen vier bis sechs Jahren handelt. Aktuell besuchen 35 Kinder (16 Mädchen und 19 Jungen) den roten Bereich. Alle Kinder sind in Deutschland geboren und kommen aus Briesen bzw. aus den Dörfern und Kleinstädten im engeren Umkreis. 24 Kinder sind im Vorschul- und somit in ihrem letzten Kitajahr. Dies ist besonders hervorzuheben, da die Transition von Kita zur Schule ein großes Thema bei Kindern, pädagogischen Fachkräften und Eltern ist. Elf dieser Kinder besuchen unsere Einrichtung mind. bis zum Jahr 2023. Nach meiner Ausbildung werde ich meine Bezugsgruppe weiterhin betreuen und bis zur Einschulung begleiten. Innerhalb der Gruppen im roten Bereich sind verschiedene Entwicklungsauffälligkeiten zu beobachten. Zwei Kinder erhalten Frühförderung im Bereich der sozial-emotionalen Kompetenzentwicklung. Vier weitere Kinder erhalten Einrichtungsinterne Sprachförderung sowie zusätzlich, Förderung durch die Logopädie.

Durch Beobachtungen, Auswertungen und Reflektionen mit den Kindern, sowie im Team entstand ein Projekt, das die Themen der Kinder (z.B. zur Gruppe dazu gehören, Stark sein, Anerkennung erfahren) aufgreift und beinhaltet. Gemeinsam gestalteten die Kinder mit den pädagogischen Fachkräften einen Projektplan von Mitte Februar bis Anfang April. Das Projekt zielt darauf ab, die Kinder mit ihren Themen in den unterschiedlichen Bildungsbereichen zu fordern und zu fördern. Dabei gehen die Erzieher*innen individuell auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder ein und gestalten partizipatorisch Angebote.

Parallel dazu erarbeiteten die pädagogischen Fachkräfte in Reflektionsgesprächen, ein Konzept, dass es Kindern möglich macht, Bedürfnisse zu äußern und Kritik abzugeben. Diese können sich auf die Wünsche der Kinder beziehen oder entstehen aus Alltagssituationen. Das Ergebnis der Erarbeitungen ist u.a. der „Beschwerdebriefkasten“. Die Kinder haben die Möglichkeit, auf Zetteln ihre Kritiken und Wünsche, auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck zu bringen. Der Briefkasten wird regelmäßig geöffnet und die Themen mit den Kindern besprochen. So erleben die Kinder Aushandlungsprozesse und entwickeln Kompetenzen, um Kompromisse einzugehen, sich untereinander auszutauschen und die Bedürfnisse anderer wahrzunehmen bzw. dass das Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse. Daraus resultierend, war zu beobachten, dass die Kinder Interesse daran zeigten, über den „Beschwerdebriefkasten“ hinaus, über bestimmte Themen zu sprechen und nachzudenken. Durch diese Beobachtungen und den Tischgesprächen mit den Kindern, entstand der „Nachdenkekreis“. Eine Methode, um mit Kindern über bestimmte Themen zu philosophieren.

1.7 Pädagogische Herausforderung

Wie ich in meiner Situationsanalyse beschrieben habe, war zu beobachten, dass die Kinder ein großes Interesse zeigen, sich über ihre Themen auszutauschen und untereinander sowie mit den Erzieher*innen in den Dialog zu treten. Es zeigt sich, dass die Kinder durch ihren Wissensdurst eigene Konzepte ihrer Gedankengänge entwickeln und sich somit kreative Denkprozesse aufzeigen lassen. Des Weiteren gibt es bereits vereinzelte methodische Möglichkeiten in Form von immer wiederkehrenden Angeboten (z.B. Nachdenke Kreis) oder Materialien (z.B. Hosentaschendialoge), welche in unserer Einrichtung, in Teilen ihre Anwendung finden. Dennoch lässt sich beobachten, dass ein Bewusstsein um den Wert der Philosophie als Methodik, bei pädagogischen Fachkräften und Eltern als Erziehungspartner, geweckt werden sollte. Ferner lässt sich erkennen, dass unsere Einrichtung in den Tagesabläufen, Strukturen und Räumlichkeiten noch mehr Potenzial an methodischen Anwendungen bietet als aktuell genutzt wird.

Daher ist es meine pädagogische Herausforderung, die Kinder zu unterstützen, ihr kreatives Denken über methodische Möglichkeiten des Philosophierens anzuregen und weiterzuentwickeln. Dafür ist es wichtig, das pädagogische Team für das Thema zu sensibilisieren. Dazu gehören u.a. Informationseinführungen in Form von Themenabenden, eine gemeinsame Raumanalyse und eine eventuelle Umgestaltung der Räume. Das ist wichtig, um eine pädagogische Grundhaltung und ein Rollenverständnis der Erzieher*innen, im dialogischen Philosophieren weiterzuentwickeln. Auch eine eventuelle Neugestaltung der Räume bietet den Kindern ruhige Atmosphäre und Anregungen um kreativ zu Denken.

Ebenfalls wird der Austausch mit den Eltern von großer Bedeutung sein. Durch Elternabende, Eltern Cafés und Informations- bzw. Elternbriefe wird ein Bewusstsein für dieses Thema geschaffen. Damit erreiche ich ein erweiterndes Repertoire an didaktischen und dialogischen Möglichkeiten der Eltern für Zu Hause.

2. Theoretische Auseinandersetzung / Sachanalyse

2.1 Philosophie und deren Bedeutung

Das Wort Philosophie setzt sich aus den griechischen Worten "Philos" (Freund/Liebhaber) und "Sophia" (Weisheit) zusammen. Im übertragenden Sinne spricht man von der „Liebe zur Weisheit“. Das Philosophieren wird als offener Deutungsprozess bezeichnet und der Philosoph als "Liebhaber der Weisheit oder des Wissens" betrachtet. (Neißer und Vorholt 2012) Ein Subjekt mit einer natürlichen Affinität zum Denken, nachdenken, weiterdenken, über sich, sein Dasein und das, des anderen und allen Lebens. Es kann auf unterschiedlichen Ebenen philosophiert werden und man bedient sich an vielfältigen Methoden, um zu denken. So wird Philosophie als eine Art der Wissenschaft betrachtet oder auch als Kunstform bezeichnet. Ihren Ursprung hat die Philosophie in Griechenland.

Thales von Milet und Theano von Kroton gelten bis heute als die ersten Philosoph*innen, die genügend Zeit und Muße hatten, um über die Welt nachzudenken und nach Antworten auf ihre Fragen zu suchen. (Brüning 2015) Diese Antworten wurden im Laufe der Geschichte, in unterschiedlichen Kulturen, immer wieder hinterfragt, neu erdacht und wieder beantwortet. Auf die zu Grunde liegenden Antworten, entstanden neue Fragen und so bildete sich vom 6.Jh. vor Chr. bis heute eine gewisse philosophische Tradition über das Denken und Weiterdenken. (Neißer und Vorholt 2012) Genau diese, sich herauskristallisierte Tradition, legt den Grundstein für die Bedeutung der Philosophie. Eine beantwortete Frage wird als "Motor für das Weiterdenken" betrachtet. (Neißer und Vorholt 2012) Dieser Gedankengang unterstreicht erneut die Wichtigkeit, Philosophie als Prozess wahrzunehmen. Dieser Prozess kann in unterschiedlichen Formen erlebt werden. So ergeben sich Möglichkeiten monologisch zu philosophieren, das bedeutet, sich mit den Gedanken und Schriften einzelner Philosophen auseinanderzusetzen oder man begibt sich in das mündliche Philosophieren in einer Gruppe, dem sogenannten dialogischen Philosophieren. (Brüning 2015)

Um mit Kindern zu philosophieren kann man sich mehrerer Methoden bedienen. Die bekanntesten Methoden sind die phänomenologische und die hermeneutische Methode, auf die später noch eingehen werden. Weitere Methoden sind die spekulative Methode, in der es darum geht, Dinge, Sachverhalte zu erahnen, zu erfinden und zu entdecken, die dialektische Methode, um Gedanken abzuwägen und Begründungen zu finden, die für oder gegen etwas sprechen und zuletzt die analytische Methode, in der man „zerlegt“ und erklärt. (Hagemann kein Datum)

Bezugnehmend auf die Bedeutung des Wortes "Philosophie", zeigen sich Parallelen zum grundlegenden Bild vom Kind, wie Wir es heute kennen. Wie anfangs erwähnt, bezeichnet man den Philosophen bzw. die Philosophin als Freund/in der Weisheit mit ungemeinem Wissensdurst. Vergleicht man diese Betrachtungsweise mit unserer Wahrnehmung von Kindern, lassen sich viele Synonyme für unsere Klienten finden. Spricht man in der elementaren Bildung von Intrinsischer Entdeckerfreude, beschreibt die christliche Religion einen „inneren Funken“. Dies sind viele unterschiedliche Worte und Wortgruppen, die eines gemeinsam haben. Unsere Kinder sind Philosophen mit einem unfassbaren Wissensdurst und einer Freude daran, die Antworten auf ihre Fragen zu suchen. Unsere Aufgabe als pädagogische Fachkräfte ist es, die natürliche Wissbegierde von Kindern zu fördern und auf ihre Fragen so zu antworten, dass neue Fragen entstehen. Dies mahnte schon der englische Philosoph John Locke, als er Erwachsenen das Grundprinzip des Philosophierens erklärte. (Brüning 2015)

Näher auf das „dialogische“ Philosophieren eingehend, stellt sich die Frage, welche Rolle wir als pädagogische Fachkraft innerhalb des Philosophierens einnehmen sollten oder können und welchen Wert der Austausch untereinander hat? Das dialogische Philosophieren basiert auf dem sokratischen Gespräch. Eine Methode, in der der Lernende sein vermeintliches Wissen äußert und der Lehrende durch gezielte Fragen auf Unstimmigkeiten diesbezüglich hinweist. Dies führt dazu, dass der Lernende sein Nicht-Wissen erkennt und die Suche nach einer besseren oder befriedigenderen Antwort beginnt, indem die Frage erneut aufgegriffen wird. Wichtig für unser pädagogisches Handeln ist zu verstehen, dass wir als Erzieher*innen oder generell Erwachsene, im Gespräch mit den Kindern, die Rolle von Sokrates nicht komplett ausfüllen sollten. (Brüning 2015)

Die „Akademie Kinder philosophieren“ kam in ihren Lehrveranstaltungen zu der Erkenntnis, dass ein erworbenes Hintergrundwissen über philosophische Gesprächsführung oder über besprochene Themen dazu führen kann, dass die päd. Fachkraft weiß, worauf sie im Gespräch hinauswill oder durch das Vorwissen nicht offen für die Gedanken der Kinder ist. (Neißer und Vorholt 2012) Das bedeutet für das pädagogische Handeln, eine eigene Balance zwischen der Weisheit und dem Bewusstsein des Nicht-Wissens zu finden. Tiefgehender betrachtet, zu wissen, dass die eigene Erkenntnis nicht abgeschlossen ist und sie durch Erkenntnisse des Gegenübers, erweitert wird. Die Parallelen zum sokratischen Gespräch lassen sich vielmehr darin finden, sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten zu machen und anschließend weiter zu fragen. Dies dient dem Kind als Gegenüber, auch als Erfahrung ernstgenommen zu werden, da man sich auf Augenhöhe begegnet, d.h. die päd. Fachkraft, und das Kind sind beide Lernende. Eine nun kurz beschriebene Alltagssituation macht eine weitere mögliche Rolle der päd. Fachkraft sichtbar. Die folgenden Namen der Kinder sind ausgetauscht.

Marie (5;1), Anna (4;9) und Gustav (4;11) unterhalten sich zusammen mit einem Erzieher beim Frühstück darüber, wie Babys gemacht werden.

Marie:            … Na Mama und Papa knutschen ganz doll.

Anna:             Und dann?

Marie:            Dann schwimmen Papas Quallen zu Mama.

Gustav:          Iiihh, ich hasse Quallen, die sind so glibschig.

Marie:             Nein, gar nicht.

Gustav:          Doch, die leben im Meer und sind richtig glibberlich.

Marie:            Aber Papas Quallen wohnen nicht im Meer.

Anna:             Wo wohnen die Quallen denn dann?

Marie:            Na die wohnen in Papas Bauch.

kurze Stille

Erzieher:        Aber wenn die Quallen in Papas Bauch wohnen, wie schwimmen sie dann zur Mama?

Marie:            Na, wenn Mama und Papa knutschen, habe ich doch schon gesagt.

Gustav:          Schwimmen die dann durch den Mund?

Marie:             überlegt…. Nein so nicht. Die schwimmen nach da unten. (Zeigt auf ihren Genitalbereich) Die schwimmen zu Mamas Ei. Und die schnellste Qualle kuschelt dann mit dem Ei.

Anna:            Was? Aber da unten passt doch gar kein Ei rein.

Gustav:          Vielleicht ist das ja ein ganz kleines Ei. Ich habe mal gesehen, dass Ein Strauß richtig große Eier legt.

Marie:            Nein das ist ein Baby Ei. Das ist ganz doll klein.

Anna:             Und woher kommt das Ei?

Marie:             Vielleicht hat Mama das Ei von ihrer Mama geschenkt bekommen.

Gustav:          Oder das war schon immer da drin.

                                               …

Diese Alltagssituation zeigt auf, dass die Rolle der Erzieher*innen auch eine impulsgebende sein kann und wichtige grundsätzliche Kompetenzen benötigt. Zuerst bedarf es der Achtsamkeit über die Gespräche und Themen der Kinder. Das Thema wird wahrgenommenen. Anschließend muss die päd. Fachkraft erkennen, wann und ob es sinnvoll erscheint, weitere Impulse oder Impulsfragen zu stellen, um weiter über das Thema nachzudenken und Erkenntnisse zu erlangen. Der Erzieher nimmt sich zurück, gibt den Kindern Zeit und Raum und erfährt durch diese Haltung, welche Konzepte sich die Kinder schon über ihr Thema erstellt haben, um dann gezielt weiterfragen zu können.

Zusammengefasst lässt sich also erkennen, dass die päd. Fachkraft zeitliche und räumliche Bedingungen schaffen muss. Sie erkennt das Thema und begleitet mit Impulsen, ohne die Richtung vorzugeben. Sie kann moderierend zusammenfassen und Bezüge herstellen. Sie beobachtet und hört zu, sucht Blickkontakt und ermuntert zum Beitragen. Eine weitere und wichtige Kompetenz ist das Aushalten. In der oben beschriebenen Alltagssituation erkannte der Erzieher das Thema und stellte eine Impulsfrage. Jedoch hätte es sein können, dass die Kinder selbst auf diese oder ähnliche Fragen gekommen wären. Geben wir den Kindern mehr Zeit und vertrauen wir ihnen und ihren Kompetenzen, dann zeigt sich die Qualität des kreativen Denkens, um darauf aufzubauen. Doch was ist kreatives Denken und was für Vorrausetzungen braucht es, um zu philosophieren, um damit das kreative Denken weiterzuentwickeln?

2.2 Kreativität und kreatives Denken

Kreativität wird als eine Fähigkeit beschrieben, mit der man Neues oder Originelles erschafft, dass die Eigenschaft besitzt, nützlich bzw. brauchbar zu sein, d.h. als Mensch gestalterisch bzw. schöpferisch tätig zu sein. Dabei unterscheidet man im Allgemeinen zwischen alltäglicher und außergewöhnlicher Kreativität bzw. zwischen problemlösender und schöpferischer Kreativität. Diese Unterscheidungen zeigen auf, dass es sich bei der Kreativität keineswegs nur um bildende- oder darstellende Künste dreht, sondern in jeder Arbeit von Menschen zu finden ist. (z.B. improvisiertes Kochen, Umgestaltung der Wohnung usw.) Vergleichen lässt sich diese Darstellung mit der, der problemlösenden Kreativität. So erfordert sie Lösungen von vorgegebenen Aufgaben. Im Gegensatz dazu weist die außergewöhnliche Kreativität auf herausragende Fähigkeiten eines „Genies“ hin. Die schöpferische Kreativität erklärt sich in der Erkundung künftiger Möglichkeiten. (Wikipedia 2022)

Laut einer PISA Erhebung 2022 ist kreatives Denken demnach eine Fähigkeit, vielfältig und kreative Ideen zu produzieren, zu evaluieren und zu verbessern. (Neißer und Vorholt 2012) Diese zeigen sich in Form von Problemlösungen oder wirkungsvolle Ausdrucksformen und Vorstellungskraft. Kreatives Denken als Prozess, wird allgemein, in vier Phasen unterteilt. Die erste Phase ist die Phase der Präparation. Ein Problem, wird in unterschiedlicher Form, deutlich, wahrgenommen bzw. erkannt. Daraufhin wird Wissen gesammelt und es findet eine Auseinandersetzung mit dem Problem bzw. dem Thema statt. Vorerfahrungen und Wissen darüber, bieten eine Substanz für ein mögliches kreatives Produkt in Form von philosophischem Austausch und Erkenntnis. Die zweite Phase ist die, der Inkubation. Das Thema wird bearbeitet, auch ohne, dass es bewusst wahrgenommen wird. Die dritte Phase der Illumination beschreibt den plötzlichen Einfall bzw. den „Aha“ Moment, welcher eine mögliche Erkenntnis bringt. Die vierte Phase ist die, der Verifikation und beschreibt eine Reflektion der Erkenntnis. (Wieacker-Wolff 2002) Die vorherige Alltagssituation soll als Beispiel, den Bezug vom 4 Phasenmodell, zum dialogischen Philosophieren zwischen Kindern oder Kindern und Erwachsenen herstellen.

Phase 1 (Präparation):

Marie, Anna und Gustav unterhalten sich über ein Thema. Für alle Kinder ist das Thema verständlich, deutlich und wurde wahrgenommen.

Phase 2 (Inkubation)

Alle drei Kinder sind im Thema und auf der Suche nach Antworten vertieft. Selbst Gustav, welcher einige Male vom eigentlichen Thema abweicht, erschafft sich Erkenntnisse über das Thema, da er Assoziationen herstellt. (Mamas Ei- Eier von Tieren wie dem Strauß oder Papas Quallen- Quallen leben doch im Wasser) Des Weiteren kommen alle drei, wieder zurück zum Urspungsthema.

Phase 3 (Illumination)

Alle Drei kommen zu vielfältigen Erkenntnissen. Dabei muss es nicht die Erkenntnis sein, wie Babys gemacht werden. Sondern dass „Papas Quallen“ nicht über den Mund zu Mama gelangen oder wie klein ein Ei sein müsste um „da unten“ reinzupassen. Bzw. ob es nicht vielleicht sogar schon immer in Mama war. Das bedeutet, eine Erkenntnis kann ebenfalls die Erfahrungen sein, dass etwas nicht so ist, wie es scheint.

Phase 4 (Verifikation)

Diese Phase wird im Beispiel weniger deutlich und erfahrungsgemäß häufig vernachlässigt. Die Reflektion bzw. die Zusammenfassung des Themas ist von essenzieller Bedeutung und schafft bei den Kindern ein Bewusstsein ihrer Selbstwirksamkeit und bestärkt ihr Handeln und Denken.

2.3 Vorrausetzungen, um zu philosophieren

Um philosophieren zu können, bedarf es einen tieferen Blick auf die Vorrausetzungen. Dieser zeigt, dass es auf das Verständnis bzw. die Bewertung des kognitiven Gebildes von Kindern ankommt. Als Kognition bezeichnet man die mentalen Prozesse und Strukturen des Menschen und betrachtet dabei das Gehirn und dessen neuronalen Verbindungen. Die wichtigsten Merkmale sind das Wahrnehmen, Denken, Wollen, Introspektion und Lernen. (Brüning 2015) Piaget unterscheidet drei Stufen bzw. vier Phasen der kognitiven Entwicklung. Die ersten zwei Phasen umfassen die Entwicklung von Denk- und Wahrnehmungskompetenzen. In der sensomotorischen Phase (0-2 Jahre) entwickeln Kinder die Fähigkeit, sich Dinge in ihrer Umwelt gedanklich vorzustellen. So kann ein zwei Jahre altes Kind vom einem Esel im Tierpark erzählen, ohne dass dieser in unmittelbarer Nähe ist. In der zweiten und somit präoperativen Phase wird als Charakteristikum der Egozentrismus beschrieben. Kinder betrachten sich in dieser Phase als „Mittelpunkt der Welt“ und können zwischen dem „Ich“ und „Du“ noch keine klare Grenzen ziehen. So können Kinder von 2-7 Jahren zwar die Fähigkeit entwickeln, festzustellen, dass sie Geschwister haben, sich aber selbst nicht als Geschwister sehen.

Laut Piaget fehle es Ihnen somit an Reversibilität, d.h. eine Situation von der Umkehr her zu denken. (Brüning 2015) Zusammengefasst, baut Piaget auf die Annahme, dass Kinder erst in der Stufe der formalen Operation (11/12 Jahre) die Kompetenzen hypothetisches Denken, Selbstreflektion und Reversibilität erwerben und auch somit erst dann in der Lage sind spekulativ zu Denken und folgend philosophieren zu können. Der US-amerikanische Philosoph Gareth Matthews kritisiert, wie viele andere Philosophen, diese Position und Piaget´s methodischen Vorgehen. So habe Piaget Kindern standardisierte Fragen gestellt und auf standardisierte Antwortmuster ausgewertet. Antworteten Kinder in den Augen Piaget´s fabulierend und phantasierend, spielten diese Antworten eine untergeordnete Rolle. Diese sind jedoch für die philosophische Tradition von großer Bedeutung. Zudem wird kritisiert, dass philosophische Gedanken verschiedenen kognitiven Entwicklungsstufen zugeordnet werden. Dies würde suggerieren, dass die Qualität philosophischer Gedanken zunehme und diese ebenfalls kategorisiert werden. (Brüning 2015)

Für meine pädagogische Arbeit leite ich daher ab, dass die pädagogische Fachkraft nicht die Rolle einnehmen darf, die philosophischen Fragen qualitativ zu bewerten. Die Gedanken sind viel mehr als selbst erstelltes Konzept des Kindes wahr und ernst zu nehmen. Welche Vorrausetzungen bedarf es dann? In einem Punkt sind sich Wissenschaftler und Philosophen einig. Sprache als Vorrausetzung zum dialogischen Philosophieren ist unabdingbar. Und dennoch gilt es auch in diesem Bereich nicht auf die Qualität zu achten oder Entwicklungsstufen entscheiden zu lassen ob philosophiert wird oder nicht. Entscheidend ist es, sich auf die individuellen Fragen, Gedanken und auf das Alter der Kinder einzulassen.

Zusammenfassend leite ich aus meiner Sachanalyse ab, dass das Philosophieren, verstanden als die Freude am Entdecken und Verstehen der Welt, mit den ersten Lebensjahren beginnt und sich über alle Lebensjahre hinweg entwickelt. Ich habe erkannt, dass die Chancen des dialogischen Philosophierens u.a. die Kreativität der Kinder anregt und entwickelt. Und dass die Vorrausetzungen, um mit Kindern zu philosophieren, nicht als Barrieren zu verstehen sind, die Kinder überwinden müssen, sondern sich in meinen pädagogischen Grundsätzen widerspiegeln. Ich begegne den Kindern und deren Gedanken empathisch, wertschätzend und echt. Die Fragen und Gedanken der Kinder werden in den Jahren nicht hochwertiger, sie werden andere sein.

3. Handlungskonzept

3.1 Hinführung zum Handlungskonzept

Aus meiner Sachanalyse lässt sich erkennen, wie bewusst man sich der Rolle als pädagogische Fachkraft, innerhalb des dialogischen Philosophierens sein sollte. Auch die Sensibilität des kreativen Denkens von Kindern wird deutlich. So kann dessen Verkümmern oder Weiterentwicklung von der Art des Dialogs, sowie von Raum und Zeit, die den Kindern zu Verfügung steht, abhängen.

Das bedeutet, dass die praktische Umsetzung der Dialoge, die Gestaltung der Räume und der Zeitabläufe, sowie Materialien, methodische Möglichkeiten sind, die Kinder dabei unterstützen, in Form von Philosophie, kreativ zu Denken bzw. dieses anzuregen. Das unterstreicht meine pädagogische Herausforderung und führt mich zu meiner Zielsetzung.

Vision: Der/Die Erwachsene, der/die das Kind einmal sein wird, verfügt über die Kompetenz, kreativ zu denken.

Diese Kompetenz ist wichtig, um Strategien für Problemlösungen zu entwickeln. Diese können gesellschaftlich eingeordnet werden aber auch in alltäglichen Situationen nützlich sein. Weiterhin bietet das kreative Denken, die Möglichkeit, in den Perspektivwechsel zu gehen, mit anderen zu diskutieren und die für sich und andere, bestmögliche Lösung, Antwort und Strategie zu finden.

Um dies zu erreichen, entwickle ich ein Handlungskonzept, in dem ich auf die Zusammenarbeit im Team eingehen werde. Weiterführend beschreibe ich die Methoden, um einen gelungenen Austausch mit den Eltern, gewährleiten zu können. Anschließend werde ich auf pädagogische Angebote für Kinder eingehen und diese in Form von drei methodischen Aktivitäten, genauer beschreiben.

 

3.1.1 Zusammenarbeit im Team

Meine erste Handlungsstrategie bezieht sich auf die Zusammenarbeit im Team. Das bedeutet, meine Kolleg*innen über das dialogische Philosophieren zu informieren und in Zusammenhang mit der Anregung des kreativen Denkens zu bringen. Damit erreiche ich ein erweitertes Fachwissen der pädagogischen Fachkräfte und das Bewusstsein der Rolle und der Haltung meiner Kolleg*innen, in Bezug auf das dialogische Philosophieren. Somit ergibt sich mein folgendes Richtungsziel.

Richtungsziel: Das Team hat Kenntnis über das dialogische Philosophieren mit Kindern und kann diese in der pädagogischen Arbeit methodisch anwenden.

Um dieses Ziel zu erreichen, entwickle ich einen Themenschwerpunkt und integriere diesen in eine kommende Dienstberatung. So habe ich die Möglichkeit meinen Kolleg*innen das Thema bewusst zu machen und verschiedene Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis darzulegen. Dabei ist es wichtig, das Thema mit meiner Kitaleitung zu besprechen und gemeinsam in die Dienstberatung miteinzubauen. Auf den zeitlichen Rahmen und die Pandemie bedingten Richtlinien, innerhalb der Dienstberatung ist ebenfalls zu achten.

Eine weitere pädagogische Maßnahme wäre es, eine Arbeitsgemeinschaft (folgend AG) zum Thema zu eröffnen. Innerhalb dieser AG bietet sich die Möglichkeit, dieses Thema noch intensiver zu behandeln und methodische sowie materielle Anwendung weiter bzw. neu zu entwickeln. Dieser Maßnahme geht eine Besprechung mit der Kitaleitung, dem Team und evtl. dem Träger voraus. Abhängig davon, die AGs möglich zu machen, sind die freien Kapazitäten an Stunden, der einzelnen Mitarbeiter*innen. Die Einrichtung selbst bietet für eine AG die räumlichen Möglichkeiten.

Eine dritte Maßnahme wäre eine Raumanalyse und eine ggf. notwendige Umgestaltung der Räume in unserer Einrichtung. Zuvor erworbene Fachkenntnisse der Mitarbeiter*innen bieten die Möglichkeit, während der Analyse auf die Bedingungen einzugehen, die es braucht, um Anreize zum Philosophieren zu bieten und somit das kreative Denken anzuregen. Dafür müssen zeitliche Bedingungen geschaffen werden. So könnte eine Raumanalyse der Fachkräfte, Gruppenunabhängig stattfinden. Mitarbeiter*innen des gelben, blauen und roten Bereichs könnten individuell, ihre Analyse in den jeweiligen Kleinteam Besprechungen vornehmen. Wichtig dabei wäre es, ein zeitliches Ziel für alle Bereiche zu setzen, um im Plenum die Analysen auszuwerten.

 

3.1.2 Austausch mit den Eltern

Meine zweite Handlungsstrategie beinhaltet den Austausch mit den Eltern. Als Teil der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft und als „Experten“ der eigenen Kinder, ist es von unfassbarem Wert, gemeinsam mit den Eltern über das dialogische Philosophieren mit den Kindern, in den Austausch zu gehen. Der Kenntnisstand über das Thema und dessen Nutzen für die Anregung des kreativen Denkens, bietet den Eltern somit vielfältige Möglichkeiten auf die Fragen ihrer Kinder einzugehen. Aus dieser Absicht heraus, leite ich folgendes Richtungsziel ab.

Richtungsziel: Die Eltern haben Kenntnis über das dialogische Philosophieren und der Anregung des kreativen Denkens, um diese für sich und ihre Kinder zu nutzen.

Innerhalb dieser Handlungsstrategie organisiere ich einen Elternabend, um über das Thema zu informieren. Während dieser Veranstaltung stelle ich die Themenschwerpunkte „dialogisches Philosophieren“ und „kreatives Denken“ vor und zeige verschiedene Anwendungen, um Zu Hause mit den Kindern ins Philosophieren zu kommen. Je nach Umfang und Aufwand des Elternabends, werde ich evtl. Hilfe von einem Kollegen bzw. einer Kollegin benötigen, um mich während der Organisation bzw. der Durchführung des Abends zu unterstützen. Weiterhin ist zu beachten, dass ein Termin für diesen Themenabend im Voraus festgesetzt wird, damit sich die Eltern den Abend auch zeitlich einplanen können.

Eine weitere Maßnahme ist das Einführen eines Eltern Cafés. Hierbei organisiere ich, gemeinsam mit einem Kollegen oder einer Kollegin eine „offene Runde“, zu der Eltern eingeladen sind, um selbst zu philosophieren. Grundlage der Themen innerhalb des Eltern Cafés, sind dabei die aktuellen Themen und Interessen der Kinder in unserer Einrichtung. Wäre beispielsweise zu beobachten, dass aktuelle Themen der Kinder „Freundschaft“, „Anerkennung erfahren“ oder „Familie“ wären, so könne man gemeinsam mit den Eltern auf Grundlage der Kinder Fragen, philosophieren. Dies schafft einen Perspektivwechsel durch eigene Erfahrungen und das Bewusstsein für die Wissbegierde der Kinder. Des Weiteren entwickelt sich eine Methodenvielfalt der Eltern. Dafür müssten zeitliche und räumliche Bedingungen in der Einrichtung geschaffen werden. Die bereits erwähnte Koordinatorin des Kitainternen Eltern- Kind Zentrums könnte als Mitverantwortliche Fachkraft, dieses Eltern Café mit anleiten bzw. mitkoordinieren.

Eine dritte pädagogische Maßnahme wäre das Erstellen einer Infobox. In Form eines Vitrinen Schranks oder Infotisches im Foyer der Einrichtung. Dort stelle ich den Eltern aktuelle Informationsbroschüren zum Thema „Philosophieren“ und „kreatives Denken“ zu Verfügung. Auch Fach und Kinderliteratur werden dort ausgestellt. Diese können von der Kita ausgeliehen werden. Dabei gilt es zu beachten, dass das Informationsmaterial und die Literatur regelmäßig aktualisiert wird.

 

3.1.3 Pädagogische Angebote für Kinder

Meine dritte Handlungstrategie bezieht sich auf die pädagogischen Angebote für Kinder und deren Durchführungen. So stelle ich die phänomenologische Methode in Form eines „Phänomenkoffer“ vor, indem sich verschiedene Gegenstände zu bestimmten Themen befinden. Ein weiteres Angebot bezieht sich auf hermeneutische Methode in Form eines „Fragewürfels“. Dabei werden mit Hilfe von W-Fragen bestimmte Themen und Aussagen hinterfragt, neu ausgelegt oder neu übersetzt. Die dritte Methode bezieht sich auf Fragestellungen mit Hilfe von Bilderkarten. So erleben die Kinder, in der individuellen Auseinandersetzung mit den Gegenständen und Themen, eine Gesprächskultur im Dialog mit Anderen. Dabei können sie ihre Gedanken aus- und besprechen und diese in den Vergleich zu anderen setzen. Das Richtungsziel für diese Handlungsstrategie lautet wie folgt.

Richtungsziel: Die Kinder sind in der Lage, ihre Gedanken auszusprechen und in den Austausch mit anderen zu gehen.

In der ersten pädagogischen Methode geht es um den „Phänomenkoffer“. Dies ist eine Methode, um die Beobachtungs- und Wahrnehmungsfähigkeit der Kinder zu schärfen. Auf Grundlage dieser intensiven Auseinandersetzung mit den Gegenständen, gelingt zum einen der Bezug zum Thema schneller und eröffnet den kreativen Denkprozess.

Handlungsziel: Die Kinder können erkennen, dass sie unterschiedliche Gedanken zu anderen Gegenständen haben als die anderen Kinder.

Als Einstieg zu diesem Angebot wählte ich den Nachdenke Kreis. Wir kamen zusammen und setzten uns in einen Kreis. In der Mitte lagen zwei Schilder. Ein Fragezeichen und ein Ausrufezeichen. Daneben lag der „Nachdenke Stein“. Ich eröffnete den Nachdenke Kreis, indem ich das Fragezeichen hochhielt und über meine Beobachtungen sprach. „Ich habe gehört das einige von Euch immer mal wieder gesagt haben: „Ich bin stärker als du! oder „Boah, bist du stark!“ Anschließend stellte ich die Frage, was stark sein überhaupt bedeutet. Anschließend hatten die Kinder die Möglichkeit, den Stein aufzuheben und ihre Meinungen zu äußern. War ein Kind damit fertig, gab es den Stein weiter. Nachdem die Meinungen gesagt wurden, besprachen wir gemeinsam, Gegenstände zu sammeln, die sie mit dem Thema „Stark sein“ in Verbindung bringen.

Für den Hauptteil gab ich den Kindern Impulsfragen mit auf den Weg. Zum Beispiel: „Was ist stark? „oder „Was verbindet ihr mit dem Thema „stark sein?“ Welche Gegenstände sind für euch stark?“. Und wir vereinbarten gemeinsam einen zeitlichen Rahmen, wann wir wieder zusammenkommen. Dafür nutzten wir unsere Sanduhr. Anschließend hatten die Kinder die Möglichkeit, Gegenstände aus den Räumen bzw. aus dem Außenbereich zu sammeln, die sie mit dem Thema verbinden. Nach 10 Minuten kamen alle Kinder wieder zusammen. Wir setzten uns in den Kreis und jedes Kind legte nacheinander seine Gegenstände in den Kreis. Ich fragte jedes Kind, welche Gegenstände sie gesammelt hatten und warum.

Einige Kinder konnten ihre Dinge benennen und erzählten, warum sie gerade diese Gegenstände wählten bzw. welche Gegenstände für sie zum Thema passten. So gab es zum Beispiel ein Mädchen, das einen Stock in den Kreis legte und erklärte, dass man diesen Stock nicht zerbrechen kann und er daher stark sei. Ein Junge legte einen Spielzeugbus in den Kreis und erklärte, dass ein Bus für ihn stark sei, da dieser viele Menschen transportieren muss. Ein weiterer Junge legte ein selbstgemaltes Bild in den Kreis. Dies zeigte seinen Papa, der für ihn stark sei. Das letzte Beispiel, ist hierbei noch einmal hervorzuheben. Es zeigt, an welchen Punkten der kreative Denkprozess ansetzt. So überlegte der Junge nicht nur, welche Gegenstände er mit dem Thema „stark sein“ in Verbindung brachte, sondern in welcher Art und Weise er seine Gedanken zum Ausdruck bringt. In Form eines selbst gemalten Bildes. Die Kinder kamen über ihre Gegenstände in den Austausch. Hinterfragten und beantworteten. Des Weiteren erkannten die Kinder ihre Individualität, als sie in den Austausch über die Gegenstände kamen. So merkte ein Kind an: „Der Bus ist doch nicht stark, der ist doch viel zu klein.“ Auf eine von mir gestellte Impulsfrage, ob denn kleine Dinge auch stark sein können, antwortete ein anderes Kind: „Ja, Ameisen zum Beispiel, sind ganz klein und können große Blätter tragen.“

Zum Abschluss legte ich wieder den Nachdenke Stein und das Fragezeichen, sowie das Ausrufezeichen Schild in den Kreis. Ich griff die Frage noch einmal auf. Was ist stark? Darauf nahmen die Kinder einzeln nacheinander das Ausrufezeichen und gaben ihre Antworten. Unteranderem gaben die Kinder folgendes Antworten: „Alles kann stark sein.“, „Jeder kann stark sein.“ und „Für jeden ist was anderes stark, weil wir anders sind.“

Diese Methode, kann in verschiedenen Alternativen angeboten werden. So kann die päd. Fachkraft ebenfalls ihren „Phänomenkoffer“ vorstellen. Dabei erkunden sie die Gegenstände, die sich im Koffer befinden, mit allen Sinnen, beschreiben sie und können diese untereinander unterscheiden. Anschließend wird der Bezug zu einem Thema hergestellt. Den Bezug wählen die Kinder individuell für sich selbst. (John Locke in Quelle) Auch die spekulative Methode kann ihre Anwendung finden. So bleibt der Koffer verschlossen und ist mit einigen Löchern versehen, durch die die Kinder den Inhalt mit ihren Sinnen erahnen können und spekulieren, was sich im Koffer befinden könnte.

Mein zweites pädagogisches Angebot nennt sich „der Fragewürfel“ und beruht auf der hermeneutischen Methode. Dabei geht es, um das Verstehen des Themas und sich in dieses hineinzuversetzen. Die Kinder gehen u.a. in den Perspektivwechsel.  W-Fragen werden provoziert, mit Hilfe derer, die Kinder hinterfragen ob und wie Dinge, Sachverhalte oder Situationen anders sein könnten.

Handlungsziel: Die Kinder können ihre eigene Fantasie Geschichte beschreiben.

Zum Einstieg erzähle ich den Kindern eine Geschichte in Form einer Erzählschiene oder eines Bilderbuchkinos. (Fiktives Beispiel einer Geschichte: „Rapunzel“) Dabei können sie im dialogischen Lesen in die Geschichte eingreifen. Sie können Fragen stellen oder beschreiben was sie sehen. Dies dient der Wahrnehmung und dem vertieften Auseinandersetzen mit der Geschichte.

Für den Hauptteil fassen wir gemeinsam die Geschichte noch einmal zusammen. Anschließend stelle ich den Kindern den „Fragewürfel“ vor. Dieser hat auf jeder seiner Seiten ein Fragewort und ein zur Frage passendes Piktogramm. Die Kinder haben nun die Möglichkeit, einzeln zu würfeln. Je nachdem welches Fragewort gewürfelt wurde, stellen die Kinder eine Frage mit dem gewürfelten Fragewort. So könnte eine Frage zum gewürfelten Fragewort „Warum?“ wie folgt lauten: „Warum, hat der Ritter keine Leiter benutzt, um zu Rapunzel zu kommen?“ Nach der Frage haben die Kinder die Möglichkeit darüber nachzudenken, Antworten zu geben und die Geschichte neu zu denken. Hierbei vermischt sich die hermeneutische Idee mit der spekulativen Methode. Die päd. Fachkraft stellt zum Beispiel eine Impulsfrage: „Was wäre denn, wenn der Ritter eine Leiter gehabt hätte?“ So entstehen neue Szenarien. Anschließend wird weiter gewürfelt, bis jedes Kind an der Reihe war.

Zum Abschluss haben die Kinder die Möglichkeit, ein Bild von ihrer eigenen Geschichtsidee zu malen und einander vorzustellen. Die gemalten Bilder können anschließend im Flur der Geraderobe aufhängen. Für dieses pädagogische Angebot ist es wichtig auf den zeitlichen Rahmen zu achten, da das Angebot sehr aufwendig und zeitintensiv ist. Des Weiteren, muss darauf geachtet werden, dass genügend vielfältiges Material für die Bilder zu Verfügung steht. Das dritte pädagogische Angebot bezieht sich auf das Projekt des Instituts für Kreativität und Pädagogik von Marielle Seitz und nennt sich „Liebensbriefe“. Das Angebot thematisiert im Speziellen den Tod und dem Umgang mit diesem.

Die „Liebensbriefe“ als Wortspiel zwischen Liebes- und Lebensbriefe, sind eine gestalterische Kommunikationsform für Kinder. So haben sie zum Beispiel die Möglichkeit Bilder für Verstorbene zu malen. Die Zeichnungen und Schriftbilder der Kinder auf transluzenten Folien (Blindenfolien) beziehen den Blick in die dahinter liegende Welt mit ein. Die Transparenz der Zeichnungen vermittelt Spiritualität. Die Kinder senden Ihre Gedanken mit den vom Wind bewegten Blättern auf eine Reise. (Quelle: Liebensbriefe)

Dieses Angebot findet in meinem Handlungskonzept, trotz dieser vorgegebenen Thematisierung, Anwendung, da gerade der Umgang mit dem Tod und dessen Bedeutung, mit Hinblick auf die aktuelle Weltlage, von großer Bedeutung ist. Themen wie Krieg und Tod sind allgegenwertig und werden in Kitas und Schulen wenig bis gar nicht behandelt. Kommt es dennoch zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema, so bezieht man sich als päd. Fachkraft schnell auf Bilderbücher oder alltäglichen gestaltungstechnischen Methoden. Die eher außergewöhnliche Methodik der Liebensbriefe, ist daher eine erfrischende Alternative und bietet Platz und Möglichkeiten, sich als Kind und als Erzieher*in mit dem Thema auseinanderzusetzen. Neben den aktuellen Weltthemen, ist immer wieder zu beobachten, dass Kinder diese Themen genauso beschäftigen und in der Einrichtung in den Austausch gehen. In den Gesprächen kristallisiert sich oft heraus, dass Krieg und Tod im engen Zusammenhang stehen. Am Ende bleibt die Frage: Was ist der Tod?

Handlungsziel: Die Kinder erfahren, wie sie sich kreativ ausdrücken können.

In der Einstiegsphase werden die Kinder für das Thema „Tod“ sensibilisiert. Dafür wähle ich die Methode der Traumreise. Die Kinder haben die Möglichkeit, sich ihren Kuschelort zu suchen und es sich gemütlich zu machen. Sie schließen die Augen und hören von mir die Geschichte „Wo gehst du hin, Opa?“ Eine Geschichte in der die kleine Emmi ihren, im Sterben liegenden Opa fragt, wo er bald hinginge. Dieser beschreibt unterschiedliche Szenarien.

Anschließend öffnen die Kinder wieder ihre Augen. Wir kommen in den Austausch. Mit Impulsfragen eröffne ich das philosophische Gespräch. „Kennt ihr jemanden, der/die gestorben ist?“ Was glaubt ihr, wo geht man hin, wenn man stirbt.? Was macht man, wenn man Tod ist? Dabei können die Kinder von ihren bereits gesammelten Erfahrungen in Bezug auf den Tod sprechen. Danach haben die Kinder die Möglichkeit, den Menschen oder Lebewesen, die von ihnen gegangen sind, eine Nachricht zu senden. Alternativ können sie die Welt gestalten, die sie sich für ihre Verstorbenen vorstellen. Dafür liegen alle notwendigen Materialien vor. Während der Gestaltung der Liebensbriefe bleiben wir gemeinsam im Austausch und sprechen über Erfahrungen, Ängste und Wünsche in Bezug auf den Tod.

Zum Abschluss binden wir gemeinsam Schnüre zwischen zwei Bäume im Vorgarten und befestigen unsere Liebensbriefe an die Schüre. Die Kinder können nun über ihre Briefe sprechen, wenn sie es möchten. Anschließend pusten wir gemeinsam unsere Bilder an, so dass sie symbolisch mit dem Wind zu unseren Verstorbenen gelangen.

Für dieses Angebot ist es wichtig auf die zeitlichen und räumlichen Bedingungen zu achten. So wäre es von Vorteil, dieses Angebot nach der Mittagszeit zu erleben. Die Kinder in meinem Bereich entscheiden selbst, ob sie schlafen möchten oder an Entspannungsangebote teilnehmen wollen. So wäre spätestens nach der Entspannung eine ruhige Atmosphäre eine besinnliche Grundlage für solch ein Angebot.

4. Reflektion

Als Chance meines Handlungskonzept sehe ich, dass die Kinder mit der Methode des Philosophierens nicht nur ihr kreatives Denken weiterentwickeln, sondern sich ihrer eigenen Individualität bewusst werden. So erkennen sie, dass ihre Gedanken andere sind als die der anderen und keine davon falsch sind. Das trägt zu der eigenen Persönlichkeitsentwicklung bei. Des Weiteren entwickelt sich zugleich auch keine Gesprächskultur, in der es darum geht, andere von Meinungen zu überzeugen. Es entwickelt sich eine Diskussionskultur mit Regeln und Normen, die für das weiter-, nach- und Umdenken von essenzieller Bedeutung sind. Zudem ist der philosophische Austausch untereinander Sprachfördernd und kann somit von allen Erzieher*innen im Alltag mit integriert werden.

Als weitere Chance erkenne ich, das Philosophieren der Kinder in der Gruppe. Philosophieren bedarf Zeit und Übung. Für pädagogische Fachkräfte sowie für Kinder. Mit vielfältiger Methodenauswahl und kontinuierlicher Anwendung der Philosophie, entwickelt sich die Chance, dass die Kinder selbst moderierend auftreten können und die pädagogische Fachkraft sich immer mehr zurücknimmt. So entsteht bei Kindern das Bewusstsein der Selbstwahrnehmung und der Selbstständigkeit. Dazu gehört es, Verantwortung für das Thema und die Gesprächspartner zu übernehmen, wenn man z.B. auf die Regeln und Normen während des Gesprächs und die Einhaltung dieser achtet.

Eine mögliche Grenze in Bezug auf die Methodischen Anwendungen mit und für die Kinder wäre, das evtl. Warum-Fragen die Kinder überfordern könnten. Hierbei ist auf den individuellen Bedarf der einzelnen Kinder zu achten. Während einige Kinder schon recht früh in der Lage sein könnten, abstrakt zu denken, benötigen andere Kinder haptische Dinge zur Entwicklung der Vorstellungskraft. Auch vorherige Erfahrungen mit Warum-Fragen, die vielleicht nur dann aufkamen, wenn ihnen was unterstellt wurde, führen evtl. zu Verwirrungen und Überforderungen. Somit habe ich erkannt, dass ich für jedwedes Thema verschiedene Methoden benötige, um den Kindern diese Themen auch spürbar werden zu lassen.

Eine weitere Grenze meines Handlungskonzept könnte darin bestehen, dass der Austausch mit den Eltern aus pandemischen oder zeitlichen Gründen nicht kontinuierlich erfolgt. Dies wäre bei der Bearbeitung und Auseinandersetzungen mit Themen von großer Bedeutung. Philosophie basiert darauf, dass es keine endgültige Erkenntnis oder eine richtige Meinung gibt. Wenn sich nun Kinder noch weiter mit bestimmten Themen beschäftigen und ins Gespräch mit den Eltern gehen wollen, ist es von Vorteil, dass Eltern wissen, welche Themen behandelt werden. Manche Themen werden sehr sensibel betrachtet und daher bedarf es auch eine Auseinandersetzung der Eltern mit diesem Thema.

5. Schlusswort

Die methodischen Möglichkeiten des Philosophierens, um kreatives Denken anzuregen, zielt im Kern auf folgende Vision ab. Unsere Kinder sollen später glückliche, selbstbestimmte und selbstständige Gestalter ihres Lebens und Ihrer Gesellschaft sein. Dafür braucht es Kreativität und das „Über den Tellerrand hinausschauen“. Das erreichen wir, indem wir die Worte „Ihres“ und „Ihrer“ in unserer Vision großschreiben. Das Bewusstsein über unsere Rolle als päd. Fachkräfte im dialogischen Philosophieren habe ich bereits erfolgreich wecken können. Eine Präsentation über das Thema, innerhalb einer Dienstberatung, eröffnete große Begeisterung und Diskurse. Ein Themenabend mit den Eltern steht noch aus aber schon aus den ersten Entwicklungsgesprächen erfuhr ich, dass die Kinder mit neuen aufregenden Fragen nach Hause kommen und stolz ihre eigenen Gedanken ausdrücken. In der philosophischen Arbeit mit den Kindern war zu beobachten, dass die Gespräche bei dem Beenden des Angebots nicht aufhörten.

Die Angebote wirkten viel mehr als Impulsgeber um sich noch mehr mit Themen zu beschäftigen. Des Weiteren habe ich erkannt, dass die Grundregeln für den Dialog mit Kindern in einem Punkt variieren können und vielleicht sogar sollten. Nach der Achtsamkeit und Wertschätzung des Kindes und seiner Frage, ist es nicht zwangsweise wichtig, eigene Erfahrungen oder Hypothesen einzubringen. Im Dialog mit Kindern habe ich festgestellt, dass sich einige Kinder mit meiner Hypothese zufriedengeben. Doch allein die Frage des Kindes zeigt auf, dass es sich in einer gewissen Art und Weise, selbst Gedanken gemacht und ein eigenes Konzept von diesem Thema hat. So möchte ich vorerst dieses Konzept erfahren, um zu wissen, worauf das kommende Gespräch aufbaut. Ebenfalls habe ich erkannt, dass es keiner kognitiven Vorrausetzungen bedarf, um Philosophieren zu können. Denn obwohl Philosophie ein sprachliches Medium ist, beginnt das Philosophieren bereits in der sensomotorischen Phase. Philosophieren bedeutet, eine Sache wahrzunehmen und sich mit dieser auseinanderzusetzen.

So kann man Erfahrungen sammeln und sie später in Verbindung zueinander setzen. Entscheidend ist also nicht das Potenzial, dass das Kind mitbringt, sondern meine Haltung und meine Wertung gegenüber dem Kind und dessen Potenzial. Unsere Aufgabe liegt darin zu verstehen, dass unser Denken und unser Leben nie damit aufhört sich zu entwickeln. So ist es ebenfalls mit der Philosophie. Sie hört nicht auf. Denn eine Antwort ist kein Ziel. Eine Antwort ist eine weitere Etappe auf der Reise voller Fragen. Wir gehen selbst auf eine Reise und Begleiten für einen Moment unsere kleinen Philosophen auf ihrer.

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Autor

Max Meißner