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Zitiervorschlag

Die praxisintegrierte Ausbildung (PIA) an der Fachschule für Sozialwesen

Beate Humpf und Nicole Gülke

 

Weshalb haben wir uns an unserem Berufskolleg für PIA als neue Ausbildungsform entschieden?

Die Ausbildung zur/zum Erzieher/in in Vollzeitform hat an unserem Berufskolleg bereits eine lange Tradition. Durch den allgemein bekannten Erziehermangel sind die Studierendenzahlen auch bei uns gestiegen. Ausgelöst wurde unsere Entscheidung für die neue Ausbildungsform durch die zunehmenden Anfragen von Seiten zukünftiger Studierender sowie von verschiedenen Trägern. Für unser Team lag die Motivation in der Verzahnung von Theorie und Praxis, die durch die neuen Ausbildungsrichtlinien gefordert wird.

Welche Zugangsvoraussetzungen gelten bei PIA?

Da es sich nicht um einen neuen Bildungsgang handelt, sondern lediglich um eine Umorganisation der Unterrichtsverteilung der Vollzeitform, gelten dieselben Zugangsvoraussetzungen. Das heißt: Man benötigt eine zweijährige einschlägige Berufsausbildung mit mittlerem Bildungsabschluss, z.B. Kinderpfleger/in oder den Abschluss an einer einschlägigen zweijährigen höheren Berufsfachschule mit Fachhochschulreife oder Abitur mit dem Nachweis von 900 Stunden einschlägigem Praktikum. Zusätzlich muss für die Aufnahme in die praxisintegrierte Ausbildung der Nachweis der Praktikumsstelle mit einem Arbeitsvertrag vorliegen.

Wie ist die Ausbildung organisiert?

Grundsätzlich haben die Schulen mehrere Möglichkeiten, die geforderten Unterrichts- und Praxisstunden zu verteilen: Beispielsweise kann es einen Wechsel zwischen Praxiszeiten und Unterrichtsblockwochen geben oder innerhalb der drei Jahre eine steigende Anzahl von Unterrichtstagen.

Aufgrund vieler verschiedener organisatorischer Bedingungen an unserem Berufskolleg haben wir uns für die folgende Organisationsform entschieden: Die Studierenden haben über drei Jahre hinweg zwei feste Unterrichtstage mit ca. 20 Unterrichtsstunden; an den verbleibenden drei Tagen arbeiten sie ca. 20 bis 24 Stunden in ihren jeweiligen Einrichtungen. Während der drei Jahre gibt es Blockwochen zur Orientierung in einem zweiten Arbeitsfeld.

Welche Vor- und Nachteile bietet den Studierenden und den Einrichtungen die PIA-Form gegenüber der Vollzeitform?

Aus Sicht der Einrichtungen:

Durch die besondere Organisation der Ausbildung steht den Einrichtungen das Personal während der drei Ausbildungsjahre kontinuierlich zur Verfügung, so dass die Träger bei uns im Kreis auch zunehmend bereit sind, die entsprechenden Stellen zu schaffen.

Die Studierenden gehen mit einer anderen Ernsthaftigkeit an ihre Aufgabe heran und setzen das Gelernte direkt in der täglichen pädagogischen Arbeit um. So werden sie als Bereicherung für das Team und die Einrichtung empfunden. Ein Nachteil bei unserer gewählten Zeitstruktur kann für die Einrichtungen sein, dass die Studierenden immer an denselben beiden Wochentagen nicht zur Verfügung stehen.

Da es keine eindeutige gesetzliche Regelung zur Bezahlung der Studierenden gibt, ist es für die Träger und die Leitungen der Einrichtungen eine gewisse Herausforderung, die Bezahlung über die drei Ausbildungsjahre hinweg sicher zu stellen.

Aus Sicht der Studierenden

Durch die Bezahlung der Ausbildung eröffnet die praxisintegrierte Form einen neuen Lebensweg für Menschen, die sich beruflich umorientieren wollen. Zudem bietet diese Ausbildungsform auch einen abwechslungsreicheren Alltag für Menschen, die nicht mehr "nur" die Schule besuchen wollen. Allerdings sind die Höhe der Bezahlung und die damit verbundene Arbeitszeit durch die fehlenden gesetzlichen Regelungen sehr unterschiedlich. Ebenso variiert der Umgang mit Ferien- und Urlaubszeiten von Träger zu Träger.

Von Vorteil ist, dass die Studierenden vollwertige Mitarbeiter/innen in ihren Einrichtungen sind, die den gesamten Alltag über das ganze Jahr hinweg begleiten. Somit können sie sich von Beginn der Ausbildung an mit ihren Ideen und pädagogischen Vorstellungen sehr viel stärker ins Team einbringen.

Grundsätzlich bietet der direkte Wechsel von Theorie und Praxis jede Woche viel Abwechslung und ermöglicht einen sehr praxisnahen Unterricht. Aber dennoch verlangt diese Ausbildungsform den Studierenden ein hohes Maß an Engagement und Einsatzbereitschaft ab, da die Anforderungen in der Theorie nicht geringer sind als in der Vollzeitform: Es sind trotzdem Klausuren zu schreiben, Arbeiten anzufertigen und gegebenenfalls Hausarbeiten zu erledigen.

Für uns als Lehrkräfte bedeutet diese neue Ausbildungsform eine Bereicherung unserer pädagogischen Arbeit. Zum einen bringen die Studierenden durch ihre unterschiedlichen Lebensgeschichten neue Impulse ein, zum anderen bestätigen uns die direkten Rückmeldungen aus der Praxis in unserer täglichen Arbeit.

Adresse

Beate Humpf und Nicole Gülke
Berufskolleg Neandertal
Koenneckestr. 25
40822 Mettmann
Website: www.berufskolleg-neandertal.de
Email: [email protected], [email protected]